Morgens in Deutschland: Anders agil in den Tag

Was machen Sie morgens um 4:30? Na gut: 6:30? Okay, Sie sind im Homeoffice und die Kinder aus dem Haus, 7:00?… Also schön: Irgendwann wachen Sie auf. Haben Sie schon eine Morgenroutine jenseits der üblichen Reinigungsrituale? Ja? Nein??

Morgenrituale sind modern: Das Handelsblatt hat dem Thema die Titelseite und sechs Seiten der Wochenendausgabe vom 28.Mai 21 gewidmet.  Webseiten aus dem Land der  Selbstverbesserungsmeister:innen listen Hunderte möglicher Morgenroutinen auf (www.themorningeffect.com), sammeln die Morgenrituale bekannter und weniger bekannter Menschen (http://www.mymorningroutine.com/) und preisen in Büchern die Nützlichkeit für den ultimativen Erfolg (Laura Vanderkam: Ausgeschlafen!: Was die erfolgreichsten Menschen schon vor dem Frühstück tun).

Mal ehrlich, Morgenroutine hin oder her: der ganze Tag durchgetaktet von sechs Uhr früh bis zum Abend, ist das produktiv? Selbst der Morgen klingt schon anstrengend, wenn alles geplant und programmiert ist. Brauchen wir nicht auch täglich Freiraum, um Neues entstehen zu lassen?

Der aus Indien stammende und in den USA praktizierende Mediziner Deepak Chopra schlägt einen entspannteren Einstieg in den Tag vor: Statt beim Aufwachen gleich den Tag in Gedanken zu strukturieren, die To-do Liste durchzugehen oder sich aufs Fahrrad zu schwingen empfiehlt Chopra, als erstes den Tag zu begrüßen.

Den Tag zu begrüßen, bevor er beginnt, bedeutet, sich für seine Möglichkeiten zu öffnen. Der junge Tag ist noch offen, frisch und neu und alles ist möglich. Chopra schlägt vor, noch im Bett liegend oder sitzend an den bevorstehenden Tag zu denken und zu beobachten, welche Gedanken dabei auftauchen. Dabei sollten wir uns erlauben, jenseits der Gedanken, die auftauchen mögen, den Blick weiter auf den bevorstehenden Tag zu richten, ohne die eigenen Gedankenprägungen einfließen zu lassen.

Der Tag, das finde ich eine schöne Vorstellung, wird gerade erst geboren.

„Entwickeln Sie ein Gespür für diesen Tag und begrüßen Sie ihn mit Ihrem Sein“, schlägt er in „Das Buch der Geheimnisse“ vor.

Ohne die Taktung dessen, was gleich zu erledigen ist, gebe ich dem Tag Raum. „Einfach das Gefühl des entstehenden neuen Tages zu erfahren suchen“ schreibt Chopra poetisch, „begrüßen Sie den Tag auf der Ebene seiner Entstehung, auf der alle Ereignisse noch Samen sind, die sich zum Keimen anschicken. Sie müssen lediglich zugegen sein, Sie brauchen nichts zu verändern. Sie müssen nicht an Urteilen oder Ansichten festhalten, was zu geschehen habe. Indem Sie den Tag begrüßen, machen Sie schweigend den Einfluss Ihres Bewusstseins geltend“.

Probieren Sie es mal. Es ist entspannend und schöpferisch zugleich. Es gibt Raum und ein Gefühl von Freiheit. Es kann etwas Anderes entstehen und Sie öffnen sich dem Möglichen. Statt mit der Enge der vorgefertigten Routine den Tagesbeginn zu durchlaufen, erlauben Sie Ihrem Geist und dem Tag eine Co-Kreation der Wirklichkeit.

Das ist, erstaunlicherweise, agil und entspricht den Anforderungen der VUCA-Welt. Was für eine Entdeckung.

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